Mü 31: Statusupdate

Endlich ist sie zurück am Himmel! Pünktlich zum 100-jährigen Jubiläum der Akaflieg durfte die Mü 31 2024 wieder die Sonne genießen und den Himmel über Königsdorf und Stendal verschönern, nachdem ihr in den vorigen Saisons in der Werkstatt viel Aufmerksamkeit geschenkt wurde.

Im Sommer 2023 hat uns der undichte Wasserballast in Schach gehalten und damit letztendlich eine Fortführung der Flugerprobung verschoben. Das wurde dann auch zur obersten Priorität der Winterwartung erklärt. Das Problem ereignete sich bei der Nachprüfung 2023. Dort wurde der Flügelwasserballast, nach vermeintlich vollständig gelösten Problemen der Servomotoren und soweit zufriedenstellenden ersten Tests des Programmcodes, in Betrieb genommen. Dabei zeigte sich eine vorher nicht bekannte, erhebliche Undichtigkeit an den Ventilen beider Außenflügel. Daher wurde in Königsdorf zwischen den Feiertagen tatkräftig an der Installation neuer Ventile und deren Feineinstellung gearbeitet. Am 31.12.23 konnte nach einem Test über Nacht mit viel Schütteln und Bewegen der beiden Flügel schließlich verkündet werden: Die Tanks sind dicht. Anschließend gab es nach dem bereits erfolgtem Umbau des Bremssystems noch einen Tausch des alten Bremssattels, wegen festgestellter Schwergängigkeit der Zylinder. Die Bremshebelhalterung wurde ebenfalls für bessere Ergonomie getauscht. Spätere Tests haben gezeigt, dass die Bremsleistung durch diese Maßnahmen gesteigert wurde.

Mit der darauffolgenden planmäßigen Winterwartung war die Hardware also flugklar. Nur noch die Ansteuerung der Wasserballastventile musste überprüft werden. Systematisch wurde dabei in vielen Iterationen und in Zusammenarbeit mit unserem Alten Herren Patrick „Carrello“ Delago jeder Betriebs- und Fehlerfall der Software in jeder möglichen Kombination überprüft. Für einen erleichterten Zugang wurde ein Ersatzmodell geschaffen. Damit wurden für die Tests nur der Zugang zum Cockpit, zur Arduino Platine und zum Ersatzmodell benötigt, welches mit Servomotoren dann ganz einfach auf einen Tisch passte. Nach vielen Iterationen, Gesprächen mit Carrello und zahlreichen Arbeitstagen, konnte nach der Erstellung von mehr als 15 verschiedenen Programmversionen auch hier gemeldet werden: Servomotoren und LEDs sind funktionstüchtig und das Programm erkennt Fehler korrekt und reagiert wie gewünscht. So kann man fliegen gehen! Damit ging es zurück an den Schreibtisch, um die gesamte Dokumentation zu aktualisieren, eine erfolgreiche Nachprüfung durchzuführen und schließlich den Antrag auf Permit to Fly zu stellen.

Im Juni 2024 traten wir dann den lang ersehnten Werkstattflug an. Mit großer Anspannung verfolgten die anwesenden Akaflieger die Mü 31 im Endanflug, als sie erkannten, dass das Fahrwerk nicht ausgefahren wurde. Der erste Werkstattflug endete also mit einer Bauchlandung. Am Boden angekommen, wurde sie mit vereinten Kräften angehoben und wieder auf das dann ausgefahrene Fahrwerk gesetzt. „Glücklicherweise“ lag kein technischer Defekt vor, sondern eine glimpflich ausgegangene und gute Möglichkeit für alle, sich erneut zu verdeutlichen, welche Bedeutung die sorgfältige Einhaltung der SOPs hat. Nach einer kurzen Schadensbegutachtung war schnell klar, dass der oberflächliche Lackschaden die Lufttüchtigkeit nicht beeinflusst.

Es folgten das erneute Freiflattern ohne Wasserballast, welches durch Änderung des Bremshebels am Knüppel und der resultierenden Massenänderung des Knüppels notwendig geworden war. Anschließend kamen die ersten Flüge mit Flügelwasserballast, erst im Innentank, dann auch Außen bis hin zu den ersten Starts mit ganzen 500 kg MTOW. Das Wasser lief auf Kommando erst noch recht langsam wieder ab und hin und wieder meldete ein Servomotor Kontaktverlust, was immerhin durch die LEDs im Cockpit korrekt angezeigt wurde. Ersteres Problem wird sich mit einer besseren Tankbelüftung lösen lassen. Hierfür gibt es schon die ersten Entwürfe und Versuchsbauteile für neue Tankdeckel mit Belüftung; inklusive Schwimmkugel, um ein Auslaufen zu verhindern, wenn der Flügel beim Warten auf den Start mal abgelegt wird. Die Verbindungsprobleme konnten schnell als fehlerhaft angeschlossene Stecker im Rumpf identifiziert und behoben werden. So ging es dann weiter mit einem Testpunkt nach dem anderen, darunter Gewichtsverteilungsgrenzen, Überziehgeschwindigkeit mit maximaler Abflugmasse, Nickverhalten, Quer- und Seitenrudersteuerung.

Im Juli konnte schließlich auch die Breitenerprobung beginnen, mit der besonders in der AH-Flugwoche viele neue Piloten die ersten eigenen Flüge mit der Mü 31 machen konnten. Es freut mich auch sehr, dass die Mü 31 am Wochenende zuvor an der Flugvorführung im Rahmen der 100-Jahrfeier teilnehmen konnte, denn seien wir mal ehrlich: Was wäre die Flugvorführung nur ohne die Mü 31 gewesen?

Später, im August 2024, fuhren unsere Mitglieder „General Klau“, „Quassel“, „Bischof“ und „Dido“ auf das Sommertreffen der Idaflieg nach Stendal, um dort unser schickes Fluggerät mit vollem Stolz zu präsentieren und vor allem die Flugerprobung fortzusetzen. Inmitten von „Käschtlegericht“, Zacherbriefings und Radio Idaflieg ging es weiter mit diversen Testpunkten, wie dem Freiflattern mit Wasserballast bis 1,2 vNE. Auf dem Sommertreffen konnten alle Flugerprobungspunkte erfolgreich abgeschlossen werden, bis auf Flüge mit einseitigem Wasserballast und das Kapitel Trudeln. Für diese Tests musste erst ein neuer Trudelschirm her. Außerdem konnte sich auch unser Betreuer vom LBA in einem Flug mit der Mü 31 davon überzeugen, dass die Genehmigung zur Breitenerprobung sinngemäß „definitiv kein Fehler war“.

Die Mü 31 wäre aber nicht die Mü 31, wenn die Saison so reibungslos vonstattengegangen wäre, wie es dank der vielen Erfolge scheint. Von mangelnder Belüftung der Tanks und damit zu langsamem Wasserabwurf im Flug über weitere Leckagen der Ventile im Innentank und einem vermeintlich verstopften Hecktank bis hin zu Querruderblockade war vieles dabei. Für die Belüftung der Tanks gibt es, wie erwähnt, bereits eine gute Lösung. Die Leckagen der Innentanks konnten schnell auf im Programm anzupassende Verfahrwinkel der Servomotoren zurückgeführt werden, die wohl noch feiner justiert werden müssen. Der vermeintlich verstopfte Hecktank wurde durch Straffen des Seilzuges wieder instandgesetzt. Das blockierte Querruder war die wahre Herausforderung. Nachdem sich die Blockade erst von selbst wieder gelöst hatte, wurde das Flugvorhaben für den betreffenden Tag gestrichen und die gesamte Steuerung natürlich einer aufwendigen Analyse unterzogen. Es konnte festgestellt werden, dass die Ansteuerung von Querruder und Wölbklappe im Innenflügel in bestimmten Stellungen, womöglich kombiniert mit anderen Umwelteinflüssen, aneinander reiben. Nach initialer Behebung und einem Werkstattflug unter besonderen Sicherheitsvorkehrungen konnte die Flugerprobung am nächsten Tag fortgeführt werden. Dieses Problem wurde im Rahmen der letzten Winterwartung ebenfalls gelöst. Neben den angesprochenen Punkten gab es noch viele weitere Kleinigkeiten, wie sich lösende Buchsen, lockere Stecker oder eine neue Arduino Platine mit kompakter und robuster Verkabelung, die entweder bereits im Sommer oder in der Winterwartung behoben wurden.

Neben der Technik muss nun im kommenden Winter auch die Flugerprobung ausgewertet werden. Dazu gehören stundenlange GoPro-Cockpit-Videos, Messdaten der Logger und auch Erfahrungsberichte der Piloten. Es ist immer wieder erstaunlich, wie lebendig die Mü 31 doch ist, dass sie sich regelmäßig die neuesten Dinge einfallen lässt, um uns auf Trab zu halten. Dennoch macht es uns viel Spaß, unseren Prototypen Schritt für Schritt immer weiter zu verbessern und schließlich auch mit voller Fahrt auf die Zulassung zuzusteuern. Im Jubiläumsjahr konnten immerhin ansehnliche Fortschritte gemacht werden.

Unser besonderer Dank richtet sich an die beiden souveränen Flugerprobungspiloten Jan „General Klau“ Kleu und David „Oscar“ Techmer für euren technischen und moralischen Beistand. Zum anderen sei auch Patrick „Carrello“ Delago, dem Autor des Wasserballastprogramms unbedingt gedankt. So wollen wir in diesem Jahr dort weiter machen, wo wir 2024 aufgehört haben!

Autor: Dominik „Dido“ Hoffmann

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