Mü 32 „Reißmeister“

Die Mü 32 „Reißmeister“ ist das neuere der beiden aktuellen Projekte der Akaflieg München und befindet sich zur Zeit in der Konstruktions- und Auslegungsphase. Der Reißmeister wird als Segelkunstflugzeug der Wettbewerbsklasse Unlimited ausgelegt. Aus diesem Grund ist das Abreißverhalten optimiert für gerissene Figuren.

Das Projekt

Der Reißmeister wird als Segelkunstflugzeug der Wettbewerbsklasse Unlimited ausgelegt. Deswegen wird besonders darauf geachtet, dass das Abreißverhalten auf gerissene Figuren optimiert wird. Gleichzeitig muss sich der Strömungsabriss aber für den Piloten ankündigen, damit er nicht ungewollt beispielsweise im Landeanflug vorkommt. Außerdem sollen die Vorteile, die die Mü 28 durch ihr symmetrisches Profil und die Wölbklappenautomatik bietet, für den Neuentwurf übernommen werden. 

Mü32 Reißmeister

Stand der Dinge​

Projektbeschreibung:

Zu Beginn des Projekts wurde anhand des Gesamtkonzepts erarbeitet, welche technischen Anforderungen an das Flugzeug gestellt werden. Im Falle des gewünschten Hochleistungsflugzeugs können diese Anforderungen auf die Primärstruktur aufgeteilt werden. Der Flügel soll ein neues Profil bekommen, dass nach eindeutiger Ankündigung einen schnellen Strömungsabriss zulässt. Dadurch können beispielsweise gerissene Rollen dynamischer geflogen werden. Der Tragflügel wurde außerdem im Hinblick auf Manöver-Beherrschbarkeit, Sichtbarkeit und Effizienz ausgelegt. Dies soll durch gerade Kanten und große Ruder- und Wölbklappenflächen erreicht werden. Der Rückenflug soll durch das symmetrische Tragflügelprofil in Kombination mit der Wölbklappenautomatik und einem Einstellwinkel von 0 Grad zur Rumpfachse optimiert werden.
Um die Projektdauer zu verkürzen soll ein Serienrumpf übernommen werden. Nach einem Bewertungssystem wurde bereits ein optimaler Rumpf ausgewählt, der insbesondere ausreichend Platz für Pilot und Bedienelemente bietet. Für eine zuverlässige Bewertung der Fluglage wird im Gesamtkonzept Wert auf gerade Kanten und Symmetrien gelegt. Der ausgewählte Rumpf hat bereits eine relativ gerade Rumpfröhre, weswegen nur geringe Anpassungen notwendig sein werden. Im Laufe des Lufo „CraCpit“ wurde beschlossen, die dort gewonnenen Erkenntnisse im Rumpf der Mü32 zu integrieren.
Für das Leitwerk wurde eine Normalanordnung gewählt, um die Kräfte auf die Rumpfröhre gering zu halten und die Montage zu erleichtern. Aerodynamische Effizienz und die Beherrschbarkeit im Trudelfall sollen somit erhöht werden. Die VerZielebindung von kurzen Hebelarmen mit großen Leitwerksflächen und üppigen Rudertiefen soll ein agiles und präzises Flugverhalten ermöglichen. Die Trudeleigenschaften eines Segelflugzeugs können meist erst durch die Erprobung in Flugversuchen aufgezeigt werden. Um schon während der Auslegungsphase ein Gefühl für die Beherrschbarkeit der Mü 32 im Trudelfall zu bekommen, wurde der vom Höhenleitwerk abgeschattete Bereich des Seitenleitwerks betrachtet. Da das Seitenleitwerk essenziell
für das Ausleiten des Trudelns ist, kann durch die Abschattung eine Aussage über dessen Wirksamkeit im Trudelfall getroffen werden. Die
Ergebnisse der Abschattungsrechnung versprechen eine bessere Beherrschbarkeit als bei der Mü 28.
Während bei aktuellen Segelkunstflugzeugen keine besondere Geometrie am Tragflächenende zum Einsatz kommt, soll die Mü 32 mit Endscheiben ausgestattet werden, um die Rollrate zu erhöhen. Hierfür wurde eine Geometrie entwickelt, die besonders bei hohen Lastvielfachen eine Reduktion des induzierten Widerstands verspricht und gleichzeitig bei hohen Geschwindigkeiten wenig zusätzlichen Widerstand erzeugt. Gleichzeitig soll diese Geometrie möglichst symmetrisch bleiben, um in Normalfluglage und Rückenfluglage ähnliche Flugeigenschaften zu gewährleisten. Die Lösung hierfür liefert ein gepfeiltes Winglet, welches bei großen Auftriebsbeiwerten die Fläche des Flügelabschlusses virtuell vergrößert, während bei hohen Geschwindigkeiten nur die tatsächliche Fläche Widerstand erzeugt.
Das Auslegungsziel der Steuerung ist eine möglichst präzise/spielfreie Steuerung. Ähnlich der Mü 28 wird es auch eine Überlagerung der WK und
QR geben. Außerdem ist eine Landestellung von Wölbklappen und Querruder vorgesehen. Ein Forschungsziel ist die Untersuchung der Realisierbarkeit
einer Kinematik, die Nahe der Knüppelneutralstellung nur wenig Ruderausschlag erzeugt, um z.B. geviertelte Rollen präziser fliegen zu können. Die bereits erwähnte Wölbklappenautomatik soll nicht wie in der Mü28 mechanisch, sondern elektrisch ausgeführt werden.

Projektverlauf:

Das Profil des Tragflügels wurde entworfen und im Stuttgarter Laminarwindkanal vermessen. Es erfüllt die Bedingungen, die wir an das Abreißverhalten gestellt haben. Die Struktur des Tragflügels inklusive Querrruder und Wölbklappen wurde anhand der Lastannahmen ausgelegt und konstruiert. Der rechnerische Festigkeitsnachweis ist bereits akzeptiert, der Flügel wurde gebaut und der Bruchversuch durchgeführt. Da der Flügel frühzeitig gebrochen ist, ist eine umfassende Auswertung des Versuchs in Arbeit. Da das erreichte Lastvielfache deutlich unter dem benötigten Wert lag, muss der Versuch wiederholt werden.
Der Rumpf wurde anhand der aerodynamischen Hülle eines Serienrumpfs und den geltenden Lastannahmen ausgelegt und konstruiert.Im Rahmen des Lufo „CraCpit“ wurde 2022 ein Crashrumpf gebaut und getestet. Für die Zulassung steht noch ein statischer Belastungsversuch an. Der Crashversuch weist als „Equivalent Level Of Safety“ (ELOS) die Crashlastfälle nach. Da der Versuch dynamische Effekte berücksichtigt, ist er wesentlich realitätsnäher als die statischen Versuche, die bisher durchgeführt wurden. Der rechnerische Nachweis ist aktuell noch in Arbeit.
Das Seitenleitwerk befindet sich in den Endzügen der Konstruktion. Die strukturellen Komponenten sind soweit berechnet und konstruiert, einzig die Anschlüsse und die Lagerung des Seitenruders fehlen. Wenn diese Schritte erledigt sind kann der Festigkeitsnachweis angefangen werden. Beim Höhenruder steht ebenfalls ein großer Teil der strukturellen Komponenten. Bei beiden Leitwerken müssen die anschließenden Ruder fertig berechnet und konstruiert werden.
Die Steuerung der Mü 32 wurde im Rahmen einer Studienarbeit untersucht und berechnet. Die Komponenten sind im CAD-Modell enthalten.  Für die Wölbklappenautomatik wurde ein Prüfstand gebaut, der inzwischen funktioniert und die Position der Wölbklappe auf Basis von simulierten Daten korrekt einstellt.

voraussichtliche Technische Daten:

  • Spannweite: 12.42 m
  • Flügelfläche: 10.28 m²
  • Flügelstreckung: 15
  • Maximale Abflugmasse: 394 kg
  • Höchstgeschwindigkeit: 374.4 km/h
  • Manövergeschwindigkeit: 245.2 km/h

Laufende Arbeiten

  • Auswertung des Bruchversuchs
  • Optimieren von Versuchsaufbau und Flügelstruktur
  • Bau des zweiten Bruchflügels
  • Tests am Wölbklappenprüfstand