Mü 27
In den 70er Jahren kamen Segelflugzeuge mit veränderlicher Flügelgeometrie zur Leistungssteigerung in Mode. Mehrere Akafliegs versuchten mit sehr großem oder noch größerem Aufwand eine neue, noch leistungsfähigere Generation von Segelflugzeugen zu entwickeln. Neben der SB 11 der Akaflieg Braunschweig und der fs 29 der Akaflieg Stuttgart ist die Mü27 einer der Vertreter dieser durchweg sehr interessanten Flugzeuge.
Einzigartig ist die Möglichkeit der Mü27, durch eine spaltlose Wortmannklappe über die ganze Spannweite die Flügelfläche um 36% zu erhöhen und gleichzeitig auch die Profilwölbung zu vergrößern. Ziel war ein Flugzeug, das beim Kreisen in der Thermik durch niedrige Flächenbelastung (37kg/m²) und große Wölbung möglichst langsam fliegen kann, während es beim geradeaus Fliegen dank dünnem Profil und hoher Flächenbelastung (51kg/m²) eine hohe Reisegeschwindigkeit hat.
Erkauft wurden diese Eigenschaften mit einer sehr komplexen Bauweise des Flugzeugs. Besonderheiten an diesem Flugzeug sind zum Beispiel ein genieteter Alu-Kastenholm, der die kompletten Biege- und Torsionsmomente des Flügels aufnimmt. Oder die Betätigung der Klappen über einen Elektromotor. Etwa 10 Sekunden braucht er, die Klappen voll aus- oder einzufahren.
Die Auslegung als Doppelsitzer mit 22 Meter Spannweite und daher vierteiligem Flügel hat das sicher nicht vereinfacht, zumal es auch das erste Flugzeug der Akaflieg in GfK-Bauweise war. Daraus resultierte dann auch eine Bauzeit von fast zehn Jahren, in denen unter großen Anstrengungen sehr viele Schwierigkeiten überwunden werden mussten.
Seit dem erfolgreichen Erstflug am 24. Januar 1979 wurden bei dem Flugzeug im Laufe der Zeit sehr viele Modifikationen vorgenommen, um die Flugeigenschaften des mit 900 Kilo Abflugmasse schwersten Segelflugzeuges der Welt zu verbessern.
Dennoch erfordert dieses Flugzeug nach wie vor noch sehr viel Erfahrung beim Fliegen, zum Beispiel sind die Querruderkräfte trotz einiger Modifikationen immer noch sehr hoch. Am Boden erfordert dieses empfindliche Flugzeug einiges an Umsicht. Auch Auf- und Abrüsten sowie die Wartung sind deutlich aufwändiger als bei einem normalen Flugzeug. Das alles macht dieses Flugzeug für Wettbewerbe und den alltäglichen Flugbetrieb nur bedingt geeignet.
Aber es ist immer wieder ein ganz besonderes Erlebnis, dieses einzigartige Flugzeug in der Luft zu sehen und erst recht damit zu fliegen. Es bleibt zu hoffen, dass die Mü27 den Flugbetrieb der Akaflieg noch lange bereichert! Sie ist halt doch etwas ganz Besonderes...
Seit Herbst 2009 hängt die Mü 27 in der Flugwerft Schleißheim des Deutschen Museums bei München neben der fs 29 (Akaflieg Stuttgart) und AK1 (Akaflieg Karlsruhe). In ihrem letzten Flug wurde sie im F-Schlepp vom Flugplatz Königsdorf nach Oberschleißheim überführt.
Einige Daten der Mü27
Spannweite | 22 m | |
Länge | 10,3 m | |
Rüstmasse | 712 kg | |
max. Flugmasse | 900 kg | |
Profil | FX 67 - VC-170/136 | |
Klappe EIN |
Klappe AUS | |
Flügelfläche |
17,6 m² | 23,9 m² |
Streckung |
27,5 |
20,2 |
Flächenbelastung |
51,1 kg/m² | 37,6 kg/m² |
Flugleistungen bei 890 kg (gerechnete Werte) | ||
geringstes Sinken |
0,76 (0,65) m/s |
0,69 (0,66) m/s |
Überziehgeschwindigkeit |
98 (94) km/h |
68 (62) km/h |
Höchstgeschwindigkeit | 230 km/h |
149 km/h |